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Nieren, Harnwege, Beckenboden

Gesunde Bakterien in der Harnblase – was hat es mit dem „Urobiom“ auf sich?

02.09.2025

Dass die Harnblase ein steriles Organ ist, wurde längst widerlegt. Im Gegenteil: Der Harntrakt hat sein eigenes Mikrobiom, das sogenannte Urobiom. Wenn die gesunde Bakterienflora aus dem Gleichgewicht kommt, kann dies unter anderem die Entstehung von Harnwegsinfekten (HWI) begünstigen.

Lange Zeit galt die Harnblase als steril. Diese Annahme wurde jedoch durch molekularbiologische Methoden widerlegt – auch der Harntrakt hat ein eigenes Mikrobiom. Das sogenannte Urobiom rückt unter anderem bei Patient:innen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten in den Fokus der Forschung. Durch gezielte Maßnahmen könnte das Gleichgewicht des Urobioms unterstützt und das Infektionsrisiko reduziert werden. Der niedrige pH-Wert von etwa 6 und die hohe Harnstoffkonzentration machen den Harn für viele Bakterien zu einem lebensfeindlichen Ort. Die Besiedlung durch Mikroorganismen führt deshalb zu einer Vielzahl an Hypothesen. Als mögliche Quelle der Mikroorganismen im gesunden Urobiom wird der Genitaltrakt angenommen. Im Gegensatz dazu wird bei einem Harnwegsinfekt davon ausgegangen, dass pathogene, also krankmachende Keime aus der Darmflora in die Harnwege gelangen. Zu den Bakterien im gesunden Harn zählen unter anderem Laktobazillen, Corynebakterien, Staphylokokken, Streptokokken, Veillonella und Prevotella. Die Zusammensetzung unterscheidet sich jedoch je nach Alter, Geschlecht, Lebensstil und Umwelteinflüssen. So sind bei Frauen beispielsweise vermehrt Laktobazillen und bei Männern eher Corynebakterien und Streptokokken vorzufinden. Eine 2021 veröffentlichte Studie hat die Interaktionen zwischen aus Harn isolierten Bakterien untersucht. Zum einen wurden diese aus dem Urin von Personen mit den typischen Symptomen eines Harnwegsinfekts, zum anderen aus dem Urin von asymptomatischen Personen gewonnen. Dabei wurde beobachtet, dass die Bakterien symptomatischer Patient:innen das Wachstum von Bakterien asymptomatischer Personen negativer beeinflussen als umgekehrt. Geschätzt werden 80 % der Harnwegsinfekte durch uropathogene E. coli ausgelöst, weshalb in der ärztlichen Praxis standardmäßig eingesetzte Harntests auf die Identifizierung ebenjener Bakterien spezialisiert sind. Die übrigen 20 % werden jedoch etwa von Proteus mirabilis, Klebsiella pneumoniae oder Bakterien der Gattung Acinetobacter ausgelöst. Eine sichere Diagnose eines HWI ist mittels Harnkultur möglich, weshalb diese auch den Goldstandard in der Therapie darstellt. Dennoch sind Harnteststreifen aus dem Praxisalltag nicht wegzudenken, da sie eine rasche Ersteinschätzung und zügige therapeutische Entscheidungen bei akuten Beschwerden ermöglichen. Behandlungsoptionen Der Gebrauch von Antibiotika zur Behandlung von akuten HWI ist zwar leitlinienkonform, aber bei rezidivierenden Infekten nicht empfohlen. Zum einen besteht die Gefahr einer Antibiotikaresistenz, andererseits wirken sich Antibiotika negativ auf die kommensalen („guten“) Bakterien aus und schwächen das Urobiom somit langfristig. In der aktuell gültigen Leitlinie werden als alternative, nichtantimikrobielle Präventionsoptionen bei rezidivierenden Harnwegsinfekten für Frauen ohne sonstige Begleiterkrankungen unter anderem Cranberrys und D-Mannose sowie topisches Estriol (bei postmenopausalen Frauen) genannt. Cranberrys und D-Mannose hemmen das bakterielle  Anhaften an der Blasenwand und fördern dadurch die Ausscheidung pathogener Bakterien. Die prophylaktische Wirkung konnte in placebokontrollierten Studien beobachtet werden. Es gibt Studien zur Wirkung von pflanzlichen Harnwegsdesinfizienzien. Bärentraubenblätter, Brunnenkressekraut, Meerrettichwurzel und Weißes Sandelholz sind für die unterstützende Behandlung beim Harnwegsinfekt zugelassen, deren Datenlage ist jedoch noch nicht ausreichend für eine evidenzbasierte Empfehlung. Ebenso fehlen Studien zur Langzeitprävention mittels pflanzlicher Aquaretika, wie etwa Birkenblätter, Brennnesselkraut, Goldrutenkraut oder Liebstöckelwurzel. Zuletzt werden in naher Zukunft auch Studien zur Wirkung von Probiotika erwartet, um einen neuen möglichen Behandlungsansatz zu erschließen. 

Anna-Katharina Mayer BSc

Redaktion ApoKrone

Informationen zum Inhalt
Aktualität
02. September 2025
Aktualisiert
02. September 2025
Erstellungsdatum
02. September 2025
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Autoren
KroneMED Redaktion
KMM